Zum Adventskalender: Wie wir aktivistisch reden.

Heute öffnet sich das letzte Türchen des Twitter-Adventskalenders. Falls ihr davon nicht nichts gehört habt, schaut doch mal hier vorbei: https://twitter.com/DENKtRAEUME. Wir sehen uns im neuen Jahr am 4.1.2023 wieder! Habt eine schöne Zeit!

Ein Plädoyer zur Einfachheit.

Die eigene politische Haltung zu erklären ist nicht immer leicht. Unser Wertesystem zeigt sich oft an tagesaktuellen Ereignissen, an Geschehnissen in unserer eigenen Sphäre. Als soziale Wesen wollen wir über genau diese Ereignisse, dicht gekoppelt an unser Wertesystem, sprechen. Wir sprechen mit Familie, Freunden und sozialen Medien. Wir wissen (oder vermuten), wo wir mit Gegenpositionen rechnen müssen und wer unsere Meinung teilt. Und wir passen unsere Kommunikation dementsprechend an.  

 
Bei Familie und Freunden kennen wir die Individuen. Wir wissen, dass Oma nicht weiß, was “cis” bedeutet, oder dass der Onkel gerne Alt-Herren-Witze bringt. Dementsprechend reden wir mit ihnen auf bestimmte Art. Etwas diffuser wird es bei Menschen aus dem Internet. Spricht man mit hunderten Usern ist es schwierig herauszufinden, auf welchem Wissen und welchen Werten man baut. Meist geht man davon aus: Wer es bis in die Untiefen linker Filterbubbles auf Twitter geschafft hat, der/die weiß wohl, worum es geht. Unser Sprachstil orientiert sich an einem gedachten Durchschnitt. Irgendwo zwischen Menschen, die mit halbem Fuß in der Thematik stecken und solchen, die seit Jahren themenrelevante Fächer studieren.  

 
Beim aktivistischen Handeln geht es darum, Menschen zu bilden, sie auf Dinge aufmerksam zu machen und für die eigenen Sache zu begeistern. Es geht also um mehr als nur die Präsentation der eigenen Meinung und dem Führen von Debatten. Schreibt man etwas in einen solch offenen Raum wie es das Internet ist, darf/kann (und vielleicht auch „sollte“?) man sich fragen: Wen erreicht mein Text und wen möchte ich eigentlich erreichen? Geht es um mehr Aufmerksamkeit für ein bekanntes Thema, oder soll eine neue Idee präsentiert werden?  
Fachsprache kann einen komplexen Gedanken passend zusammenfassen. Doch schließt sie auch die Menschen aus, die sie nicht verstehen und auch durch googeln der Bedeutung nur wenig näherkommen.  

Die Überschrift „Ein Plädoyer zur Einfachheit“ ist ein wenig unpassend gewählt. Davon ausgehen, dass jede*r weiß, was genau ein Plädoyer ist, kann ich nicht. Und doch ist die Bedeutung im Duden „engagierte Befürwortung“ ein wenig holprig und gewöhnungsbedürftig. Vielleicht wäre es, ganz im Sinne des Wortes „gewöhnungsbedürftig“, sinnvoll solche Umschreibungen zu nutzen, um uns daran zu gewöhnen. Die Zeichenbegrenzung bei Twitter verleitet dazu, mit Fachwörtern zu schreiben um den eigenen Gedanken kurz und prägnant (klar, deutlich, exakt) zu vermitteln.  

Wer eine leicht verständliche Sprache nutzt, macht es sich selbst einfacher mit dem eigenen Aktivismus Menschen zu bilden und zu aktivieren. Fachspezifische Sprache passt meist dann, wenn Menschen miteinander sprechen, die über einen ähnlichen Wissenstand verfügen. Genau diese Kommunikation braucht es natürlich auch. Denn über Lösungen, Antworten und Veränderungen kann man nur mit denjenigen sprechen, die auch wissen, worum es geht. 

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