Seit 2001 findet deutschlandweit der Tag der Architektur statt, der von den jeweiligen Architektenkammern eines Bundeslands organisiert wird. Im Rahmen von kostenfreien Besichtigungen, Führungen und Aktionen werden aktuelle Bauprojekte vorgestellt. Beim Blick in das Programm des Hamburger „Tag der Architektur und Ingenieurbaukunst“ fällt auf, dass nur wenige Büros zu finden sind, die von Architekt*innen mitgegründet wurden, wie asgdf Architekten und Duplex Architekten. Dieser kursorische Befund ist durchaus repräsentativ: Trotz einer hohen Anzahl von Studentinnen sind Architektinnen in der Berufspraxis weiterhin unterrepräsentiert und verdienen weniger als Architekten. 2023 lag der Anteil von Architektinnen in der Branche bei 38%.
Im Kontrast zu der verhältnismäßig geringen Erwerbstätigkeit von Frauen* in der Architektur steht das über einhundertjährige Engagement der Frauenbewegung und von Aktivist*innen, sich proaktiv an Diskussionen über das Bauen und Planen sowie die Nutzung von Architekturen zu beteiligen. Ein Schwerpunkt des Engagements lag und liegt auf den Themen Wohnen und Stadtraum aus feministischer und queerer Perspektive. Das Spektrum des Engagements reicht von der Beteiligung an der Wohnraumreform in der Weimarer Republik über das Gründen von Frauenwohnprojekten in den 1980er Jahren bis hin zur Wiederbelebung von raumgreifenden Praktiken wie Take-Back-the-Night-Spaziergängen. Sich architektonische und öffentliche Räume anzueignen – durch Wohnen oder Demonstrieren – und für eine gemeinsam für eine „Stadt für alle“ zu kämpfen war und ist immer wieder zentral.
Die aus unserem Bestand ausgewählte Literatur zum Thema soll einladen, die Entwicklungen sowie die Aktualität der feministischen und queeren Auseinandersetzungen zum Planen, Bauen und Nutzen von architektonischen und städtischen Räumen (neu) zu entdecken.
Quellen: „Studie zur Frauen in der Architektur“ , „Geschlechterverteilung der Architekten und Stadtplaner in Deutschland in den Jahren von 2012-2023“
Studien und Statistiken zu dem Thema gehen von einer binären Geschlechtervorstellung aus. TIN*Personen in der Branche werden nicht erfasst. TIN* steht für trans*, inter* und nicht-binär.
Ulla Terlinden/Susanna von Oertzen: Die Wohnungsfrage ist Frauensache. Frauenbewegung und Wohnreform 1870-1933. Berlin 2006.
Ruth Becker: Frauenwohnprojekte – keine Utopie! Ein Leitfaden zur Entwicklung autonomer Frauen(wohn)räume mit einer Dokumentation realisierter Projekte in Deutschland. Dortmund 2009.
FrauenPläne. Stadtumbau, sozialer Wandel und Fraueninteressen
Gfa 6 - Verlag für Wissenschaftliche Publikationen - 1991 - 218 S. - 16,80 DM
Urbane Praktiken. Strategien und Raumproduktionen feministischer Frauenöffentlichkeit
Gfa 10 - Monsenstein & Vannerdat - 2003 - 330 S. - 18,80 €
Frauen in der Stadt. Katalog zur Ausstellung der Feministischen Organisation...
Gf 22 - Dortmunder Vertrieb für Bau- u. Planungsliteratur - 1987 - 51 S. - 14,80 DM