Lesetipp: Jenny Künkel/Kathrin Schrader, „Sexarbeit“

Sexarbeit ist Arbeit. Wir brauchen keine Rettung, wir brauchen Respekt und Rechte.

Undine de Rivière

„Sexarbeit“ vereint schlaglichtartig verschiedene Positionen auf das polarisierende Thema der Sexarbeit, die die Dichotomie von Befürwortung und Abschaffung der Sexarbeit aufbrechen. Die Autor*innen fordern explizit den Einbezug von (marginalisierten) Sexarbeiter*innen in die öffentliche Debatte, deren Stimmen zu Gewaltstrukturen und Arbeitsbedingungen nach wie vor ausgespart werden.

Auch die Widersprüchlichkeiten des sogenannten Prostitutionsschutzgesetzes von 2017 werden aufgedeckt, das nur scheinbar zum Schutz von Sexarbeiter*innen erlassen wurde. Dies wird insbesondere in der Beschreibung des Ablaufs einer Anmeldepflicht mitsamt willkürlicher Hürden und Verstößen gegen das Grundgesetz sichtbar.

Eine moralisch aufgeladene Perspektive auf Sexarbeit und ihr Ausbeutungsverhältnis in einer kapitalistischen Ordnung spiegeln sich dabei in den arbeitshistorischen und soziologischen Ansätzen wider. Die Autor*innen und Sexarbeiter*innen fordern Anerkennung von Sexarbeit als ergo Arbeit und als gesellschaftlich stabilisierender Teil der Care-Arbeit:

Sexuelle Dienstleistung ist keine Straftat, sondern ein Leibdienst außerhalb der Familie, aus der unsere Gesellschaft im Zuge der Durchsetzung und Fortentwicklung des Kapitalismus […] bereits die Produktion, den Schutz und auch große Teile der Reproduktion, wie die Erziehung, die Ernährung die Unterhaltung und die Körperpflege ausgelagert hat. Warum tut sich dieselbe kapitalistische Gesellschaft damit so schwer, dass auch die Bedürfnisse nach Sexualität mittels Dienstleistungen befriedigt werden?

Kathrin Schrader

Das Buch eignet sich nicht nur als kompakte und informative Lektüre zu den Gesetzeslagen und dessen fahrlässigen Aussparungen und mutwilligen Kontrollen. Es überzeugt durch die Mitwirkung von Autor*innen und deren individuellen Positionen, die die Debatte um Sexarbeit als ein intersektionales Problem begreifen. Auch schaffen sie ein Bewusstsein für eine noch immer bestehende demoralisierende Haltung gegenüber Sexarbeit, die längst einer Überholung bedarf.

Künkel, Jenny; Schrader, Kathrin: Sexarbeit. Feministische Perspektiven, Unrast Verlag Münster 2019, 104 S., 7,80 Euro

Demnächst in unserer Bibliothek ausleihbar!

Stefka K.

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