Lesetipp: Mieze Medusa, „Du bist dran“

Wer bin ich?

Mieze Medusa, österreichische Poetry Slammerin, Rapperin und Theatermacherin, hat mit diesem Buch ihren zweiten Roman vorgelegt. „Du bist dran“ erzählt die Geschichte von drei sehr unterschiedlichen Menschen in Wien und in der österreichischen Provinz.

Da ist Eduard, ein Nerd und Hacker, der als Sicherheitsberater für Unternehmen arbeitet und in seiner Freizeit andere Menschen über Computerprogramme ausspioniert. Und Agnesa, eine junge Wienerin, die die Schule abgebrochen hat, im griechischen Restaurant ihres Stiefvaters aushilft und sich dumm, unbedeutend und hässlich fühlt. Außerdem Felicitas, die bald ihren 70sten Geburtstag feiert, vor einigen Jahren der Liebe wegen von Wien in ein kleines Dorf gezogen ist und als Kämpferin und Feministin der ersten Stunde nicht lassen kann vom Kampf für Gerechtigkeit und für eine bessere Welt.

Verschiedene Biographien, unterschiedliches Alter, absolut konträre Lebenswelten – und doch kreuzen sich die Schicksale der drei Menschen im Laufe der Geschichte. Etwa, wenn Felicitas´ Lebensgefährte ins Krankenhaus muss, sie, weil sie nicht seine Ehefrau ist, nicht zu ihm darf, und deshalb sein Sohn, Eduard, auf der Bildfläche erscheint. Oder wenn Agnesa aus ihrem ersten richtigen Job in einem Landgasthaus wegläuft und im Garten von Felicitas landet.

Alles, was die drei bisher über sich geglaubt haben, alle scheinbaren Sicherheiten brechen nach und nach weg. Eduard bemerkt, dass er selber das Opfer eines Hackerangriffs geworden ist. Agnesa verknallt sich und hat ein erstes Rendezvous. Und Felicitas erfährt vom Tod einer alten Freundin und wird dadurch mit der Vergangenheit konfrontiert. Übrig bleiben die Fragen: Wer bin ich eigentlich? Wer will und kann ich sein? Und bei der Suche nach Antworten lernen sie sowohl die beiden anderen als auch sich selbst näher kennen. Und sie stellen fest, dass manches gemeinsam einfacher geht und mehr Spaß macht. Unterstützt werden sie dabei auch vom mehr oder weniger liebenswerten restlichen Roman-Personal.

Dem Roman ist anzumerken, dass die Autorin eine Sprachkünstlerin ist und mit Sprache und Rhythmus zu spielen weiß. Ein Feuerwerk an Bonmots, Wortwitzen und klugen Dialogen, die den Protagonist*innen, aber auch den Nebendarsteller*innen in den Mund gelegt werden. Beim Lesen wechseln sich lautes Lachen und tiefe Berührung ab. Ein Buch, das sich gut liest und Spaß macht.

Felicitas fragt sich an einer Stelle: Haben wir wirklich unsere BHs verbrannt, damit die Männer sich jetzt auch die Schamhaare rasieren? Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Mieze Medusa: Du bist dran, Residenz Verlag, 2021, 256 S., 22 Euro

In unserer Bibliothek ausleihbar unter der Signatur: R Med 2/1

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Martina Druckenthaner

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