Gelesen: Bolu Babalola, „In all deinen Farben“

Laut Klappentext hat Bolu Babalola ihre Dissertation über Beyoncé verfasst, nach Bachelor Abschluss in Jura und einem Master in Amerikanischer Politik. Warum der Verlag bei der britisch-nigerianischen Schriftstellerin so viel Wert auf deren universitäre Laufbahn legt ist doppeldeutig. Zum einen beziehen sich alle Geschichten in diesem Buch auf klassische Vorlagen wie Scheherazade, Psyche, Nofretete usw., neu erzählt wenden sie sich somit an eine Bildungsschicht. Zum anderen haben die ins Heute transferierten Love Stories wenig Tiefgang, die mit der beeindruckenden Bildung der Autorin ausgeglichen werden könnte. Die Idee als solche ist charmant, zumal die Vorbilder aus unterschiedlichen kulturellen und zeitlichen Zusammenhängen stammen. Allein die Neuerzählungen sind weniger divers als versprochen erzählt, die Frauenfiguren ein wenig gewollt stark und selbstbestimmt gezeichnet, im Mittelpunkt steht immer eine erotische oder heterosexuelle Begegnung, die Stereotypen ausgiebig bedient. Schade, Thema verfehlt würde ich sagen. Falls dennoch Interesse geweckt worden ist das Buch zu lesen – und sei es zur Überprüfung der Behauptungen der Rezensentin – hat diese Rezension ihren Zweck erfüllt.

Zum Nachtisch noch ein kurzes Zitat:
„Osun war es gewohnt, angestarrt zu werden. Ehrfürchtig, lüstern, neugierig. Sie spürte instinktiv, wenn jemand den Blick über sie wandern ließ in dem Bestreben, anhand ihres Äußeren, möglichst viel über sie zu erfahren. Ihr leicht vorgerecktes Kinn, ihre schlanken, athletischen Arme und Beine, ihre breite sich wiegende Hüfte, von der eine durch und durch natürliche, nicht zu bändigende Weiblichkeit ausging – für manche kam das einer Frage gleich, auf die sie einfach antworten mussten, für andere war es eine Machtdemonstration, etwas, das ihnen Furcht und Verehrung einflößte.“ (S. 11)

Bolu Babalola: In all deinen Farben – love stories, Eisele 2022, 319 S., 16,99 Euro

In unserer Bibliothek ausleihbar unter der Signatur: R Bab 1/1

Ele Grimm

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