Lesetipp: „Philosophinnen-Leben“ und „Herland trifft Ourland“

Dem ein-FACH-verlag ist es zu verdanken, dass neben anderen historischen Denkerinnen der frühen Frauenbewegung, die US-amerikanische Frauenrechtlerin Charlotte Perkins Gilman (1860 – 1935) wieder neu aufgelegt wurde. Mit ihrer Erzählung „Die gelbe Tapete“ wurde Perkins Gilman als Autorin in ihrer Zeit bekannt und in den 1980er Jahren wiederentdeckt. Die Erzählung hatte insofern einen autobiographischen Charakter, als sie eine postpartale Depression schildert und deren, die Hauptfigur von ihrer Umwelt isolierenden Behandlung, wie Gilman Perkins sie selbst schmerzhaft erlebt hatte, so wie viele Mütter Ende des 18.Jahrhunderts. Gilman Perkins führte, nachdem sie sich von Mann und Kind getrennt hatte, eine leidenschaftliche Beziehung zu der damals bekannten Journalistin und Feministin Adeline Knapp. Ihrer Tochter Katharine blieb sie trotz der frühen Trennung als Erwachsene ihr Leben lang eng verbunden. Der Band Philosophinnen Leben schildert detailliert die spannende Biographie Perkins Gilman mit vielen Zitaten aus ihrem umfangreichen essayistischen Werk, veröffentlicht in der von ihr herausgegebenen Monatszeitschrift Forerunner (1909–1916). Die Autorin galt auch als eine begnadete Rednerin auf Veranstaltungen zu den Rechten von Frauen und entwarf am Ende ihres Lebens eine eigene, am Mütterlichen orientierte Religion, die auf das Neue ausgerichtet ist und nicht auf das Konservieren.

Im ein-FACH-verlag erschien 2022 erstmals in deutscher Übersetzung ebenfalls „Ourland“, dessen Original von der Zeit um 1916 beeinflusst war, von den damals neuen Schrecken des 1. Weltkrieges. Konzeptionell ist „Ourland“ die Fortsetzung des vielbeachteten Romans „Herland“ von 1915, in dem drei Forscher auf eine bis dahin unentdeckte matriarchale Frauengesellschaft stoßen und eine völlig andere Gemeinschaftsstruktur entdecken, wie Gilman Perkins sie als Utopie beschreibt. „Ourland“ setzt die Rahmenhandlung fort mit Van, einem der drei männlichen Protagonisten als Ich-Erzähler, und der jungen Frau Ellador, die mit ihrem matriarchalen Blick die US-amerikanische Realität betrachtet und klug analysiert. Der Roman entspricht dadurch eher dem Genre eines Essays, was ihn nicht weniger spannend, da weiterhin erschreckend aktuell macht. Die geschilderte Beziehung zwischen Mann und Frau unterliegt bei Gilman Perkins nicht der Heteronormativität, denn die Beziehung zwischen den Figuren Ellador und Van ist eine gleichberechtigte Partnerschaft, die auf einem Gefühl der Liebe und Verbundenheit beruht ohne Sexualität und Kinder.

Zwei lesenswerte Bücher, um Charlotte Perkins Gilman kennenzulernen!

Ursula I. Meyer: Philosophinnen Leben. Charlotte Perkins Gilman, ein-FACH-verlag 2016, 273 Seiten; 19,80 Euro.

In unserer Bibliothek ausleihbar unter der Signatur: Wa Gil 1/1

Charlotte Perkins Gilman: Herland trifft Ourland, ein-FACH-verlag 2022, 255 Seiten, 17,80 Euro.

In unserer Bibliothek ausleihbar unter der Signatur: R Gil 2/5

Gabriele Grimm

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